Konzepte der Verleungnung werden dann aktiv, wenn das was Offensichtlich ist, nicht wahrgenommen wird. Auf der persönlichen Ebene verschließen wir gerne die Augen vor Problemen im Beruf, Schwierigkeiten in Beziehungen, Depressionen oder Süchten.

Diese Art der Verleugnung gibt es nicht nur auf individueller Ebene. Aus der Unwissenheit sowie dem geschickten Spiel mit einer beispielsweise daraus resultierenden Angst können ganze Völker in Aufruhr versetzt werden. Social Media, Werbung und Fernsehen können benutzt werden, um Ängste zu schüren und politische, sowie wirtschaftliche Täuschungen aufzubauen. Wir täuschen uns auf grundlegende Weise im Hinblick auf Glück, Dauerhaftigkeit und die Natur unseres Seins.

Wird den Vorstellungen von z.B. Glück, Aufmerksamkeit gegeben, wird scnell klar das diese Vorstellungen nicht von Dauer sind. Es geht nicht um den äußeren Anschein. Materiell sehr begüterte oder privilegierte Menschen erfahren nicht selten seelische Leere, während wenig begüterte Menschen, die aber für sich Sinnstiftendes in ihrer Arbeit erfahren, erstaunlich glücklich sein können. Daher könnte gesagt werden, das äußere Umstände nichts mit wahrem Glück zu tun haben. Des eigen gedünkel Schmied!

Unterm Strich bietet die Verleudnung eine Natur, dessen Praxis den Stillstand einer Situation bestimmt.

Der Geist glaubt an einer Erfahrung festhalten zu können. Dabei ist nichts im Leben wirklich fest und dauerhaft. Wo sind das letzte Jahr, der letzte Monat, der gestrige Tag? Die Illusion der Beständigkeit ist es, die uns an Gefühlen, Erfahrungen und Menschen festhalten lässt. Als wären sie uns eigen. Wir kämpfen, um die Welt festzuhalten und doch vergehen die Tage wie eine Luftspiegelung, wie ein Traum. Weise zu leben ist nur dann möglich wenn wir die Wahrheit über die Unbeständigkeit akzeptieren.

Unsere Illusionen über Glück und Beständigkeit wurzeln in der tiefgreifendsten Illusion des Ichs, dem Unwissen im Hinblick darauf, wer wir wirklich sind. Wenn wir unsere wahre Natur vergessen, begreifen wir uns von allem als getrennt. Wir verlieren uns in unserer kleinlichen Perspektive und gehen durchs Leben wie ein Pferd mit Scheuklappen. So wie wir an unserem Körper anhaften, so haften wir auch an unseren flüchtigen Gefühlen und Gedanken und halten diese für unsere grundlegende Identität. Selbst dass der Geist, die Geisteszustände oder das “Geist Bewusstsein” real seien, ist eine nicht zu beweisende Behauptung.

Für jene, den es am grundlegenden Verständnis der Vergänglichkeit fehlt, wäre es vielleicht besser, sie würden ihren materiellen Körper statt sich selbst betrachten und nicht ihren Geist. Der Körper wandelt sich im Vergleich zum Geist langsamer. Der Geist, die Gedanken und die Bewusstseinszustände entstehen unaufhörlich von Moment zu Moment und vergehen ebenso schnell wieder. Daher sollten körperliche Empfindungen, Gefühle, Wahrnehmungen, Gedanken, ob vergangen, gegenwärtig oder zukünftig, grober oder feinstofflicher Natur, als Bewusstseinsphänomene klar gesehen werden.

Dies ist nicht mein, ich bin nicht dies, dies ist nicht mein Selbst. Aus unserer getäuschten Perspektive heraus verlieren wir den Blick für die Wirklichkeit. Wir haften an und vergessen unsere grundsätzlich nicht anhaftende Natur. Raum und Klarheit schaffen Verständnis, dass wir alle am Lied des Lebens teilhaben können.

Mit, weisem, achtsamen Umgang hören wir auf, uns selbst, und unsere Umwelt zu bewerten und zu verleugnen. In Abwesenheit der Unwissenheit entsteht Mitgefühl und ein perspektivenreicher Raum eröffnet sich. Das Spiel des Lebens wird weniger persönlich und entwickelt sich zum zeitlosen Tanz. In dieser zeitlosen Offenheit, öffnet sich auch das Herz.

Wie falsch wir doch mit unserer Wahrnehmung häufig liegen – wenn Wir uns in den Schleier von Täuschung und Projektion verfangen, können wir das, was da ist, nicht klar erkennen. Wir sehen nur, was wir im Glauben annehmen. Die Unwissenheit oder getäuschte Sicht liegt allen anderen Geisteszuständen zugrunde. Anhaftung und Ablehnung entstehen aus der Illusion und der Unfähigkeit die eigene Ganzheit und die Fülle des Lebens zu erkennen. Doch die Wurzel der Unwissenheit sind Illusion und Projektion. Unwissenheit begreift die Welt nicht und vergisst, wer wir wirklich sind.

Über Unwissenheit wird gesprochen, wenn wir nicht wissen, was vor sich geht, wenn wir in unserer Gedankenwelt versunken sind. Wenn uns diese Form der Unwissenheit beherrscht, reagieren wir mehr, als wir agieren. Wir gehen die Straße entlang und kommen wieder nach Hause, ohne überhaupt zu merken wo wir sind und was gerade passiert.

Ein sonniger Sommermorgen kündigt sich an, doch wir verpassen dieses sanfte prickeln in der Luft. Kommen nach der Arbeit heim und sehen nicht, was in den Gesichtern unserer Lieben vor sich geht. Ganze Lebensabschnitte werden vom Schlund der Unwissenheit über die Vergesslichkeit aufgesogen. Wir leben in einer Kultur chronischer Unaufmerksamkeit, die vom hektischen Tempo des Alltags gefördert wird. In Beruf und Schule werden wir zum Multitasking angehalten, zur gleichzeitigen Erledigung mehrere Aufgaben. So wird die ohnehin schon zersplitterte Aufmerksamkeit flach und träge. Rundum stürmen Reize auf uns ein, bis wir so überflutet sind, dass wir uns einer Art ruheloser Langeweile ergeben, die stetig kompensiert werden will. Was im Rahmen der Gesellschaft als normal gilt, kann auch heißen, dass ein bestimmtes Niveau von Täuschung verwirklicht wurde. Dies kann auch der Fall sein, wenn wir äußerlich sehr erfolgreich wirken. Wir haben alles was mit Geld gekauft werden kann, doch im Inneren mangelt es uns, Frieden zu finden.

Wenn wir in Unwissenheit sind, sind wir schnell dabei, über andere zu urteilen. Wir sehen dann die innere Schönheit nicht. Auch der Schmerz anderer bleibt uns verborgen, sodass es schwer wird, Mitgefühl bzw. Empathie aufzubauen. Wenn wir unaufmerksam sind, können wir die Mahlzeit vor uns nicht genießen, sehen die Menschen nicht, die an uns vorüberziehen oder die sich wandelnde Szenerie. Wir verschließen unser Herz vor der Welt. Welche Bereiche in unserem Leben sind uns nicht oder kaum bewusst? Unwissenheit geht häufig mit dem Bedürfnis nach Ablenkung einher. Allein durch das Erkennen dieser Qualität von Täuschung, werden alte Gewohnheiten durchbrochen und ein Weitblick ist möglich.

Durch die Kultivierung der Gegenwärtigkeit im Alltag, werden Perspektiven geschaffen, die aus dieser Trance oder Täuschung, wieder herausführen. Wir betrachten uns aus dem Reich der Fantasie, in die Wirklichkeit. Ohne Achtsamkeit strebt der getäuschte Geist gewohnheitsmäßig nach angenehmen Erfahrungen und lehnt Unangenehmes ab. Schwer zu erkennen ist auch die Unwissenheit, die jede Form neutraler Erfahrung ablehnt. Wenn uns etwas neutral erscheint, dann empfinden wir Langeweile und beteiligen uns nicht an der Erfahrung. Kulturell sind wir konditioniert, stets nach starken Reizen zu streben, obwohl wir primär neutral erfahren. Wir erkennen jedoch die Lebendigkeit in der neutralen Erfahrung nicht. Doch wenn unsere Aufmerksamkeit in der neutralen Erfahrung verweilt, wird das was uns neutral oder langweilig erschien, spannend und lebendig.

Anstatt zu versuchen der Unwissenheit zu entgehen, könnte die Aufmerksamkeit auf die Entstehung dieser Täuschung gerichtet werden!

Unser Erlebtes, die phänomenologische Welt ist ein Strom von sich ständig wandelnden Empfindungen, die sich auf Konzepte berufen. Objekte werden erst durch diese Konzepte zu Objekten. Was ist ein Schmerz, eine Hand oder ein Baum wirklich? Es ist letztlich nicht so klar, wo etwas genau anfängt und aufhört. Alle Konzepte werden brüchig, wenn wir anfangen, sie genau zu untersuchen und zu hinterfragen. Dies zeigt, dass diese Konzepte immer nur sehr grobe Hilfsmittel sind, um eine temporäre Stabilität und Ordnung in unserem Universum zu schaffen. Diese so selbstverständlich wirkenden Objekte sind letztlich nicht eindeutig fassbar.

Wenn man sagt das die Objekte und Konzepte letztlich leer sind, bedeutet das, dass sie keine absolut feststehende Identität besitzen, an der wir festhalten können. Wir geben Konzepten ständig eine Identität und diese Zuschreibungen verändern unsere Wahrnehmung. Verändert sich scheinbar nichts, bleibt es gleich. Dies schafft Sichtweisen, die sehr zweifelhaft sein können. Eine fälschliche Sichtweise ist wie ein stark festsitzendes Phänomen, welches als Ignoranz oder grundlegende Verblendung bezeichnet werden kann. Wir teilen diese Sichtweisen als fühlende Wesen miteinander, haften an und sind getrieben und unsicher aufgrund dieser Sichtweisen. Wir Menschen haben die Neigung, eine Welt zu sehen und zu erleben, die uns stabil und solide erscheint. Wir nehmen Objekte wahr, die uns anziehend, abstoßend oder langweilig erscheinen und reagieren dann automatisch mit Verlangen, Abneigung oder Desinteresse. Wir nehmen uns selbst als ein stabiles gleichbleibendes „Ich“ wahr und versuchen dann ständig dieses „Ich“ und seine Bedürfnisse zu verteidigen. Unsere Wahrnehmung ist darüber hinaus auch zutiefst durch unsere Biografie beeinflusst und konditioniert. Als ob wir die Welt ständig durch die Brille unserer Vergangenheit wahrnehmen und uns darin imitieren. Das Grundproblem ist, dass wir – ohne es zu realisieren – in sehr beschränkten und individuell verzerrten Sichtweisen gefangen sind. Es fällt uns schwer, außerhalb dieser Ideen und Vorstellungen zu denken oder zu handeln. Damit limitieren wir aber letztlich unsere eigenen Entwicklungsmöglichkeiten und unser Potenzial.

Selten bemerken wir, in welchem Ausmaß unsere Wahrnehmung ständig Welten konstruiert und erzeugt. Unbewusst betrachten wir die Welt durch die Brille der eigenen Wahrnehmung. Wir nehmen an, dass was erlebt wird, die Realität sei, und realisieren gar nicht, dass diese scheinbare Realität zunächst nur unsere Wahrnehmung ist. Das könnte bedeuten, dass wir gefangen in unserer Wahrnehmung sind, da wir sie nicht als Wahrnehmung erkennen, sondern für objektiv halten.

Konkret heißt das, dass wir zum Beispiel fixe Ideen über uns selbst oder andere Menschen haben. Die Person ist so, oder ich bin so, und dann legen wir die Realität so fest, dass es auch so bleibt. Wenn wir uns im Wahrgenommenen in Bezug auf unsere Umwelt fixieren, verlieren wir die Fähigkeit, uns zu orientieren. Ohne Orientierung, ist es nicht einfach, innere Flexibilität und Freiheit zu erleben.